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Foto © Takeda Manufacturing Austria AG

Dampf ohne Gas

von Oxana Schmidt

·   Start des NEFI-Projekts AHEAD mit innovativer dampferzeugender Wärmepumpe, die mit 100 Prozent natürlichen Kältemitteln betrieben wird

·   Nachhaltigere Arzneimittelproduktion bei Takeda durch innovatives Hochtemperatur-Wärmepumpensys

 

Am 25.Jänner 2023 wurde das neue NEFI-Projekt AHEAD (Advanced Heat Pump Demonstrator) gemeinsam mit dem biopharmazeutische Unternehmen Takeda, mit dem BMK, dem Klima- und Energiefonds und dem AIT Austrian Institute of Technology (AIT) in Wien präsentiert.  

Unter der Leitung des AIT Center for Energy wird erstmals eine dampferzeugende Wärmepumpe im industriellen Betrieb integriert. Die erdgasfreie Dampferzeugung zielt darauf ab, eine CO₂-Reduktion von bis zu 90 Prozent an einem der größten Takeda-Arzneimittelproduktionsstandorte in Wien zu erreichen und dabei ausschließlich natürliche Kältemittel zu verwenden. Dieses technologische Vorzeigeprojekt untermauert die führende Rolle Österreichs in der Hochtemperatur-Wärmepumpenforschung und soll als Praxisbeispiel für die gesamte pharmazeutische Industrie und auch für viele andere Industriebetriebe und Branchen dienen, die ihre Prozesse CO₂-frei gestalten möchten.

Die Innovation dieses Projektes ist die dampferzeugende Wärmepumpe, die ausschließlich mit 100 Prozent natürlichen Kältemitteln betrieben und mit Dampfverdichtern kombiniert wird, um die bisher höchsten Wärmenutzungstemperaturen zu erreichen. Das AHEAD-System kann Temperaturen von 200-260°C erreichen. Bei Takeda werden 184°C für die Dampfversorgung benötigt.

Volker Schaffler, Leiter der Abteilung Energie- und Umwelttechnologien des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), betont: „Österreich hat sich dazu verpflichtet bis 2040 klimaneutral zu werden. Dieser wichtige Schritt bedarf gemeinsamer Anstrengung und Österreichs Industrie ist hierbei ein zentraler Akteur. Herausforderung ist auch, dass noch nicht in allen Bereichen der nachhaltigen Produktion, der Erzeugung, Speicherung und Umwandlung von erneuerbarer Energie fertige Lösungen erprobt sind. Dafür braucht es Forschung, Entwicklung und vor allem die Demonstration unter Realbedingungen – so, wie es Takeda hier am Standort in Wien umsetzt. Industrie, Forschung und Verwaltung müssen Hand in Hand an den Lösungen, Umsetzungen aber auch den dafür notwendigen Rahmenbedingungen arbeiten, die es braucht, um die Klima- und Energieziele zu erreichen. Die Förderangebote des BMK sind hierbei ein zentraler Hebel diese Herausforderungen zu bewältigen.“

Bernd Vogl, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds, sagt: „Die Industrie ist einer der zentralen Hebel für das Erreichen der europäischen und nationalen Klimaziele: Rund ein Drittel der gesamten Energie wird hier verbraucht, der Sektor zeichnet für knapp 50 Prozent der heimischen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Um klimaneutral zu werden, braucht es daher eine umfassende Transformation. Diese Mammutaufgabe kann ein einzelner allein nicht stemmen. Um industrielle Prozesse nachhaltiger zu gestalten, müssen innovative Technologien entwickelt werden und Unternehmen, Forschungseinrichtungen und die öffentlichen Hand Schulter an Schulter gehen – wie hier bei diesem Projekt ,AHEAD‘. Ich bin sehr stolz, dass wir durch unsere Vorzeigeregion Energie ,NEFI – New Energy for Industry‘ unseren Teil beitragen können.“

Wolfgang Hribernik, Head of Center for Energy, AIT Austrian Institute of Technology und NEFI Verbundkoordinator, betont: „Wärmepumpen werden in Zukunft ein wesentliches Element der Energieinfrastruktur sein, auch im industriellen Kontext. Das Projekt AHEAD setzt einen neuen Meilenstein mit der Entwicklung einer dampferzeugenden Wärmepumpe, die bei 11 bar und 184°C ausschließlich mit natürlichen Kältemitteln betrieben wird. Im Temperaturbereich unter 200°C hat der Einsatz von industriellen Hochtemperaturwärmepumpen enormes Potenzial, denn in diesen Bereich fallen 37 Prozent des Prozesswärmebedarfs der europäischen Industrie. Mit dem Innovationsnetzwerk NEFI haben wir die Möglichkeit neue Schlüsseltechnologien wie diese bei industriellen Anwendern wissenschaftlich zu begleiten und zu testen. Das reduziert das technische und wirtschaftliche Risiko der Betriebe am Weg zur Dekarbonisierung.”

Heizen und Kühlen sind sehr energieintensiv

Das Forschungsprojekt AHEAD übernimmt eine Vorreiterrolle und liefert eine umweltfreundliche Lösung für die Dampfversorgung industrieller Prozesse. Ein großer Teil des Prozesswärmebedarfs in der Arzneimittelproduktion wird bis dato hauptsächlich durch Erdgas gedeckt. Im Projekt AHEAD ist das nicht mehr nötig, da ein innovatives Wärmepumpensystem etabliert wird. Es besteht aus einer dampferzeugenden Wärmepumpe der Firma SPH Sustainable Process Heat GmbH, die mit Dampfverdichtern kombiniert wird und Dampf mit 11 bar(a)/184°C erzeugt. Dabei wird eine CO₂-Reduktion von bis zu 90 Prozent und über sieben Monate völlige CO₂-Emissionsfreiheit pro Jahr, unter ausschließlicher Verwendung von natürlichen Kältemitteln, an einem der größten Takeda-Arzneimittelproduktionsstandorte in der Langen Allee 24 in Wien erreicht. Dies entspricht 1.900 Tonnen CO₂ pro Jahr und ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele von Takeda, vor 2035 seine Betriebsstätten mit Netto-Null Treibhausgasen Emissionen zu betreiben.

Veronika Wilk, AHEAD-Projektleiterin beim AIT erklärt: „Das AIT Center for Energy wird eine optimierte Betriebsstrategie für das AHEAD-System mit einem umfassenden Systemmodell entwickeln. Für das CO₂-Einsparungspotenzial wird ein neuartiger Ansatz entwickelt. Dabei werden Prozessanforderungen und erwartete Prozessveränderungen, Lernkurven für Hochtemperatur-Wärmepumpen basierend auf den Erfahrungen des Projektes sowie statistische Daten kombiniert.“

Die technische Herausforderung

AHEAD wird in Zukunft die vorhandene Wärme des Heizungswassersystems durch eine weitere spezielle Wärmepumpe zur Dampferzeugung nutzen. Die technische Herausforderung dabei ist, dass es aufgrund der hohen Temperaturen zu thermischen Problemen im Verdichter oder Problemen mit dem Kältemaschinenöl kommen kann. Auch sind die meisten herkömmlichen Kältemittel nicht für so hohe Temperaturen verwendbar. SPH Sustainable Process Heat GmbH hat bereits eine Wärmepumpe entwickelt, die bis zu 165°C liefern kann und auf einem Kolbenverdichter beruht. Diese Wärmepumpe wird nun für den Einsatz natürlicher Kältemittel adaptiert, um so das Heizungswasser zuerst von 65 auf etwa 130°C zu erwärmen und dabei zu verdampfen. Dieser Dampf wird auf 11 bar verdichtet und dabei auf über 184°C erhitzt, so wie es für die Arzneimittelproduktion erforderlich ist.

Weiters wird in dem Forschungsprojekt ein Konzept zur Implementierung des AHEAD-Systems für weitere Takeda-Standorte in Österreich und weltweit erstellt. Außerdem wird das Dekarbonisierungspotenzial dieser Technologie für andere wichtige Industriesektoren mit hohem Energieaufwand, wie Papier-, Chemie- und Lebensmittelindustrie, in Österreich untersucht. AHEAD wird voraussichtlich Ende 2024 in Betrieb gehen und Ende 2025 soll die finale Auswertung stattfinden.

 

Die gesamte Pressemappe und Pressefotos finden Sie unter: http://www.publichealth.at/portfolio-items/Dampf-ohne-Gas/

Weitere Informationen zum Projekt AHEAD finden Sie unter: AHEAD | NEFI