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Wir brauchen in Zukunft mehr Energie aber weniger CO2. Gleichstrom soll beides möglich machen.
Bis 2030 wird der globale Energiebedarf um 30 % steigen. Die Herausforderung besteht darin, den wachsenden Bedarf zu decken, ohne fossile Brennstoffe zu verbrennen, sagt Hartwig Stemmberger, Manager bei Eaton Technologies auf der Konferenz von NEFI (New Energiy for Industry) in Wien. Doch die bestehenden Energienetze stoßen bereits jetzt an ihre Grenzen. Ausbauprojekte in Europa dauern oft Jahrzehnte. Ein sinnvoller Ansatz ist für ihn der Ausbau von Gleichstrom in der Industrie.
Gleichstrom ist keine neue Technologie – er ist in vielen Bereichen bereits präsent, von Photovoltaik-Anlagen über Batteriespeicher bis hin zu elektrischen Fahrzeugen. Aber was macht DC so attraktiv für industrielle Anwendungen: „Das Gute am Gleichstrom ist, dass ich ihn nicht erfinden muss“, sagt Hartwig Stemmberger, am NEFI-Talk „Innovative Gleichstromlösungen in der Industrie" im Wiener Museumsquartier Ende Oktober: „Es gibt ihn schon fast überall. In Photovoltaik, in Windkraft und in Batterien für Elektroautos wird Gleichstrom immer rentabler.“
Das NEFI-Innovationsnetzwerk aus Wissenschaft, Technologieanbietern und Unternehmen will Industriebetriebe bei der Dekarbonisierung unterstützen. Ein Weg dazu soll der Einsatz von Gleichstrom sein. Hartwig Stammberger, der auch der Vorsitzende der internationalen Open DC Alliance ist, zeigt dafür am NEFI-Talk in Wien Vorteile eines DC-Netzes im Industriekontext auf. Man nehme die Verkabelung vom Transformator zum Wechselrichter für einen 7,5-kW-Motor, der von einem Frequenzumrichter angetrieben wird. Pro km Kabel für 2-Schicht-Betrieb spart DC aufgrund der geringeren Verluste und dem Material (DC ist 2-Phasig) zehn Cent pro Kilowattstunde ein: „Möchten Sie 2,500 Euro pro Kilometer Kabel einsparen?“, fragt Stammberger ins Publikum: „Fragen Sie Ihren Gebäudemanager!“ Man hört die Grinser im Publikum.
Stammberger treibt die Integration von DC-Systemen in der Industrie erfolgreich voran. Etwa als Koordinator zweier Forschungsprojekte mit Partnern wie BMW, KUKA und Fraunhofer. Er steht auch der Open DC Alliance (ODCA), einem Netzwerk zur Förderung von DC im Industriekontext vor, das an Standards für Spannungen, Erdung und elektromagnetische Verträglichkeit arbeitet. Bislang sind 71 Institutionen in 11 Ländern Mitglied der ODCA. Ziel ist es, eine nachhaltige und international kompatible DC-Infrastruktur zu schaffen.
Neben den technologischen Vorteilen bietet DC auch handfeste wirtschaftliche Vorteile. Industriebetriebe zahlen nicht nur für den Energieverbrauch, sondern auch für die maximale Spitzenlast. Durch die Reduktion dieser Spitzenlast sinken die Energiekosten erheblich. Zudem kann Bremsenergie in einem DC-Netz wieder ins Netz eingespeist werden und die einfache Integration von Energiespeichern erhöht die Resilienz der Anlagen gegenüber Stromausfällen.
So viel Lob macht skeptisch. Was denn der Nachteil an DC sei, fragt eine Stimme aus dem Publikum. Stammberger: „Der Nachteil von Gleichstrom ist, dass wir seit 120 Jahren alles in Wechselstrom machen.“ Natürlich lustig gemeint, aber wahr ist es schon. Gleichstrom ist zwar in vielen Bereichen ein Schlüssel zu mehr Effizienz und Nachhaltigkeit, doch es fehlen noch flächendeckende Standardisierungen. Dieses Wissen wird jetzt im Eiltempo aufgebaut. Bei Netzwerken wie der Open DC Alliance (ODCA) oder beim Österreichischer Verband für Elektrotechnik (OVE) können sich Unternehmen über Einsparpotenziale und Implementierungsmöglichkeiten erkundigen.
Hier finden Sie mehr Informationen zum Projekt Austrian DC Pilot Factory.